Es ist gelungen! Fast 600 Menschen haben heute gemeinsam mit uns OMAS GEGEN RECHTS eine Menschenkette um das Bochumer Rathaus gebildet!

Danke an alle, die uns heute und bei der Organisation unterstützt haben!

Statement der Auftaktrede vor der Menschenkette von Anette Wichmann, Omas gegen Rechts



Seit Jahren beobachten wir, wie rechte Populisten, vornehmlich die AfD, die ja als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wurde, die Demokratie verunglimpfen und verhöhnen. Andererseits machen sie sich unsere Demokratie für die Verbreitung ihrer Ideologie zunutze und beziehen sich dabei auf die Meinungsfreiheit. Die AfD attackiert die Menschenwürde, sie ist völkisch, nationalistisch, revisionistisch, sie sät Hass, schürt Ängste, erschafft gezielt Feindbilder und spaltet damit die Gesellschaft.

Ich habe es mir angetan, das Kommunalwahlprogramm der AfD zu lesen. Schon die Sprache verschlägt einem die Sprache! Da ist schon in der Einleitung die Rede vom „eingebildeten Klimanotstand“, von „Niedergang“, „Verboten“, „wirkungslosen Hilfsangeboten der Sozialindustrie“ und von „unguten Entwicklungen“, gegen die man „robust“ vorgehen müsse (S. 4, 5).
Ein Beispiel zum Thema Sicherheit: Der „Verwahrlosung unserer Stadt durch Graffiti, Aufkleber … etc.“ will man entgegenwirken durch sichtbare Präsenz von Polizei, „insbesondere in den Nachtstunden“ (S. 5); auch Zivilstreifen sollen verstärkt dafür eingesetzt werden (S.9) – Warum nur kam mir beim Lesen der Begriff „Bürgerwehr“ in den Sinn?? – Ach ja, „Einsatztrupps“ sollen der „Verlotterung“ Einhalt gebieten und diese „Schmierereien“ entfernen: Asylbewerber sollen damit zu gemeinnütziger Arbeit herangezogen werden (S. 10). – Schon wieder habe ich da eine komische Assoziation … „Zwangsarbeit“??
Apropos Zuwanderung und Integration: (S. 13-14) Die AfD will

  • die Deklarierung Bochums als Sicherer Hafen sofort beenden,
  • Bezahlkarten, bevorzugt aber Sachleistungsbezug einführen,
  • Integrationsmaßnahmen auf ein Minimum reduzieren, nur noch Sprachkurse fördern,
  • alle Beratungen für Einbürgerungswillige einstellen
  • und überhaupt konsequent abschieben.

Das alles hätte zur Folge, dass noch mehr Fachkräfte in Betrieben fehlen würden und vor allem die Gesundheitsversorgung in Bochum wegen fehlender Pflegekräfte zusammenbrechen würde!
Und dann gibt es noch ein Kapitel zu Kunst und Kultur. Klare Aussage: Am Sparen führt kein Weg vorbei (S.22)
Die Lösungsvorschläge der AfD:
Ticketpreise im Schauspielhaus erhöhen, Zuschüsse begrenzen, Musikschule auflösen, „Indoktrinationsveranstaltungen“ wie das Kinderumweltforum verbieten, Förderung der freien (= linken!) Kulturszene und „undurchsichtiger Vernetzungsprojekte des Parteivorfeldes von SPD, Grünen und Linken“ (S. 23) verbieten, politische Neutralität einfordern und überprüfen; stattdessen will sie Heimatkundeunterricht fördern und
„historisch gewachsene Kultur und Tradition“ pflegen (S.23). Da sag ich nur: Willkommen in den 50ern des letzten Jahrhunderts, adé Innovation, adé kulturelle Vielfalt, adé Kulturangebote für alle!
Falls die AfD jemals ihre Forderungen durchbrächte, müssten wir uns auch verabschieden von den zarten Pflänzchen, die künftig noch viel weiter hochgepäppelt werden müssen, z.B.

  • dem Ausbau von Radwegenetzen, Tempo 30-Zonen, E-Mobilität beim ÖPNV,
  • von klimafreundlichem Bauen , Dach- und Fassadenbegrünung, Mietpreisbremse,
  • von Digitalisierung in Schulen und im Gesundheitswesen,
  • von Gleichberechtigung aller hier lebender Menschen,
  • vom Gendern, dem (Zitat!) „krampfhaften textuellen Sichtbarmachen von Frauen und allen, die nicht wissen, ob sie Männlein oder Weiblein sein wollen“, das „lediglich als Unterwerfungsgeste unter den woken Mainstream dient“ (S.33) …

Ich habe meine Lektüre häufig unterbrechen müssen, um nicht brechen zu müssen. Ich hätte alles in eigenen Worten darstellen können, aber nein, ich wollte durch das Zitieren deutlich machen, wie diskriminierend, abwertend und niederträchtig allein schon die Sprache dieser rechtsextremen Partei ist – Wie würden sie erst handeln, wenn sie Gelegenheit dazu erhielten!?
Ich bin fassungslos ob dieser Respektlosigkeit gegenüber allem, was nicht in deren Ideologie passt. Ich bin fassungslos, weil dieses Programm allem widerspricht, wofür wir uns seit Jahrzehnten stark machen – für Gleichberechtigung, für eine starke Demokratie! Wir werden nicht zulassen, dass unsere Solidarität, unsere Toleranz, unsere Vorstellung von friedlichem und respektvollem Zusammenleben in unserer Stadt, unser Eintreten für Vielfalt in jeglicher Hinsicht bekämpft werden!
Deshalb stehen wir heute hier und wollen ein starkes antifaschistisches Zeichen setzen gegen den Einzug rechtsextremer Parteien in unser Rathaus! Mit eurer Unterstützung! Wir sind viele, lasst uns das Rathaus, lasst uns unsere Demokratie symbolisch mit einer Menschenkette schützen!

 


Beitrag des Poetry Slamers Sebastian 23 (unserer "Ehrenoma")

Sebastian 23: Frank und Freiheit


Dies ist im Übrigen keine der üblichen Geschichten aus dem durchschnittlich Typischen
„Es ist kalt in Deutschland“, denkt euer Mann Frank, die Heimaterde ist Thüringen
Ein Kerl wie ein Wandschrank, doch sein Verstand fand Platz im Handgepäck
Sein Blick sucht gern bei andern Stress, er isst aus Polen Sandgebäck
Die Schuhe sind aus Bangladesch, im Urlaub liebt der Frank Quebec, ist in Kanada zum Wandern weg
Kommt er euch etwa vor, als ob er ostdeutsches Obst braucht?
Fußt seine Selbstsicherheit in Ecuador an einem Koksstrauch?
Man ahnt, wenn man fragt, wie die Antwort ausfiele
Im Supermarkt sucht er nach Mangos aus Chile
Mag Massagen aus Thailand auf dem Standort Bauchliege
Liebt brasilianischen Fußball und Kampfsport, auch Spiele
Auf Konsolen aus Japan
Smartphones aus Taiwan
Kaffee Kolumbien
Oliven aus Umbrien
Hollywoods Blockbuster
Schwedische Rockkasper
Whisky ist schottischer
Nordischer Götterchor
Für den Ton an Silvester ein paar tschechische Feiergeschütze
Für den Sohn seiner Schwester die chinesische Spiderman-Mütze
Und den Lorbeerkranz auf die Brust seines Polohemds
Näht eine Kinderhand im Hinterland Äthiopiens
Aber Ausländer findet Frank scheiße
Na logisch, Frank!
Dies ist im Übrigen keine der üblichen Geschichten aus dem durchschnittlich Typischen
„Es ist kalt in Deutschland“, denkt euer Mann Frank, die Heimaterde ist Thüringen
Er redet gern von Lügenpresse, grimmig graue Prügelfresse
Gibt es ohne Zügel Dresche, bist du platt wie Bügelwäsche
Denn er ist ein zum Austausch unfähiger ewiger Nachredner der beliebigen Prediger von PEGIDA
Debiler juveniler Wegschieber kritischer Gedanken, lediger Erlediger weniger Traktanden
Aber immer wieder und immer weiter auf der Straße gegen Asylanten
Schuld am eigenen Schicksal Muslimen zuschieben
Frank denkt von ihnen
Die sind nur hier, um Smartphones und Luxuslimousinen zu kriegen
Für die Ausländer ist seine Nationalhymne doch nur ein Werbejingle
Sie wollen Frank die Frauen klauen – doch er trickst sie aus und ist derbe Single
Die letzte schrieb im Abschiedsbrief er sei ein Zentner Hack auf Beinen
Fast zum Weinen, ihn so abzuschreiben, doch keine Träne konnte das vermeiden
Karma ist ein Bumerang und er ein dummer Mann mit braunem Umhang an
Brandbeschleunigern wie in den Neunzigern und Glut im Bauch zum Untergang
Wirft den Funken dann in eine geplante Unterkunft für hundert Mann
Denn er lebt im Vorgestern und hat nichts für morgen über
Frank fordert Führer, doch ist natürlich nicht rechts, nur ein besorgter Bürger!
Na logisch, Frank!
Dies ist im Übrigen keine der üblichen Geschichten aus dem durchschnittlich Typischen
„Es ist deutsch in Kaltland“, denkt der kleine Bassam, die Heimaterde ist Syrien
Er ist acht und trägt als Handschuhe Socken mit Löchern für die Daumen
War trotz Nachtruhe wach, denn er hat öfter diesen Traum
Steht vorm Container, starrt der Dunkelheit von innen an die Schädeldecke
Besser, denkt der Junge, als wenn ich drinnen jeden wecke
Verließ in sternenloser Nacht den beengten Raum
Bis zur der Laterne weiter vorn, die mit gesenktem Haupt
Einen kleinen Lichtkegel wirft, der Dunkelheit den Schrecken raubt
Bassam atmet an der Ecke, aus seinem Mund steigt eine Wolkendecke auf
Ganz leicht, doch abrupt wie ein fallender Zweig
Stehen Riesen darin und sie kommen zu zweit
Es sind Frank und sein dicker Kumpel Maik
Für einen Moment stehen sie still wie die Zeit
Bassam ist jäh erschrocken
Er rührt nicht einen Knochen
Von weit oben fällt ein Tropfen
Und die Dunkelheit steht offen
Denn wo schwere Herzen klopfen
Da gibt es nicht viel zu hoffen
Doch es ändert sich etwas, von ganz, ganz tief innen
Maik hebt den Schlagstock, um Bassam zu vertrimmen
Bassam steht im Schnee, weint eine kleinere Pfütze
Frank starrt auf Bassams chinesische Spiderman-Mütze
Fragt sich plötzlich, wozu bin ich eigentlich nütze
Wenn ich nicht jetzt und hier diesen Kleinen beschütze?
Die Gedanken verschwimmen, zwischen unten und oben
Als würde die Welt aus den Angeln gehoben
Frank hebt die Faust, ein Schlag, da liegt Maik schon am Boden
Bassam, der die Fassung schnell wieder gewinnt
Sagt „Şukran!“, bevor er zu rennen beginnt
Frank ist allein, starrt auf Maik und verweilt mit gesenktem Haupt
Ein kleiner Lichtkegel, der Dunkelheit den Schrecken raubt.

Der Text stammt aus dem Buch:
Sebastian 23,
„Bäume sind Büsche auf Balken“,
Lektora 2023.

 

 

Weitere Unterstützer:innen der Menschenkette sind:

 

attac Bochum

AWO KV Bochum

Bahnhof Langendreer

bobiennale

Bochumer Bündnis für Arbeit und soziale Gerechtigkeit

Bochum gemeinsam

Bochumer Bündnis gegen Rechts

Courage Bochum e.V.

DGB Bochum

Fanprojekt Bochum

GEW Stadtverband Bochum

IG Metall Ruhrgebiet Mitte

Internationaler Kulturverein Dahlhausen e.V.

Kinder- und Jugendring Bochum e.V.

Kultur Stammtisch

Quartiershalle in der KoFabrik e.V.

verdi Bezirk Mittleres Ruhrgebiet

VVN-BdA Bochum