Seit Jahren beobachten wir, wie rechte Populisten, vornehmlich die AfD, die ja als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wurde, die Demokratie verunglimpfen und verhöhnen. Andererseits
machen sie sich unsere Demokratie für die Verbreitung ihrer Ideologie zunutze und beziehen sich dabei auf die Meinungsfreiheit. Die AfD attackiert die Menschenwürde, sie ist völkisch,
nationalistisch, revisionistisch, sie sät Hass, schürt Ängste, erschafft gezielt Feindbilder und spaltet damit die Gesellschaft.
Ich habe es mir angetan, das Kommunalwahlprogramm der AfD zu lesen. Schon die Sprache verschlägt einem die Sprache! Da ist schon in der Einleitung die Rede vom „eingebildeten Klimanotstand“,
von „Niedergang“, „Verboten“, „wirkungslosen Hilfsangeboten der Sozialindustrie“ und von „unguten Entwicklungen“, gegen die man „robust“ vorgehen müsse (S. 4, 5).
Ein Beispiel zum Thema Sicherheit: Der „Verwahrlosung unserer Stadt durch Graffiti, Aufkleber … etc.“ will man entgegenwirken durch sichtbare Präsenz von Polizei, „insbesondere in den
Nachtstunden“ (S. 5); auch Zivilstreifen sollen verstärkt dafür eingesetzt werden (S.9) – Warum nur kam mir beim Lesen der Begriff „Bürgerwehr“ in den Sinn?? – Ach ja, „Einsatztrupps“ sollen
der „Verlotterung“ Einhalt gebieten und diese „Schmierereien“ entfernen: Asylbewerber sollen damit zu gemeinnütziger Arbeit herangezogen werden (S. 10). – Schon wieder habe ich da eine
komische Assoziation … „Zwangsarbeit“??
Apropos Zuwanderung und Integration: (S. 13-14) Die AfD will
- die Deklarierung Bochums als Sicherer Hafen sofort beenden,
- Bezahlkarten, bevorzugt aber Sachleistungsbezug einführen,
- Integrationsmaßnahmen auf ein Minimum reduzieren, nur noch Sprachkurse fördern,
- alle Beratungen für Einbürgerungswillige einstellen
- und überhaupt konsequent abschieben.
Das alles hätte zur Folge, dass noch mehr Fachkräfte in Betrieben fehlen würden und vor allem die Gesundheitsversorgung in Bochum wegen fehlender Pflegekräfte zusammenbrechen würde!
Und dann gibt es noch ein Kapitel zu Kunst und Kultur. Klare Aussage: Am Sparen führt kein Weg vorbei (S.22)
Die Lösungsvorschläge der AfD:
Ticketpreise im Schauspielhaus erhöhen, Zuschüsse begrenzen, Musikschule auflösen, „Indoktrinationsveranstaltungen“ wie das Kinderumweltforum verbieten, Förderung der freien (= linken!)
Kulturszene und „undurchsichtiger Vernetzungsprojekte des Parteivorfeldes von SPD, Grünen und Linken“ (S. 23) verbieten, politische Neutralität einfordern und überprüfen; stattdessen will sie
Heimatkundeunterricht fördern und
„historisch gewachsene Kultur und Tradition“ pflegen (S.23). Da sag ich nur: Willkommen in den 50ern des letzten Jahrhunderts, adé Innovation, adé kulturelle Vielfalt, adé Kulturangebote für
alle!
Falls die AfD jemals ihre Forderungen durchbrächte, müssten wir uns auch verabschieden von den zarten Pflänzchen, die künftig noch viel weiter hochgepäppelt werden müssen, z.B.
- dem Ausbau von Radwegenetzen, Tempo 30-Zonen, E-Mobilität beim ÖPNV,
- von klimafreundlichem Bauen , Dach- und Fassadenbegrünung, Mietpreisbremse,
- von Digitalisierung in Schulen und im Gesundheitswesen,
- von Gleichberechtigung aller hier lebender Menschen,
- vom Gendern, dem (Zitat!) „krampfhaften textuellen Sichtbarmachen von Frauen und allen, die nicht wissen, ob sie Männlein oder Weiblein sein wollen“, das „lediglich als Unterwerfungsgeste unter den woken Mainstream dient“ (S.33) …
Ich habe meine Lektüre häufig unterbrechen müssen, um nicht brechen zu müssen. Ich hätte alles in eigenen Worten darstellen können, aber nein, ich wollte durch das Zitieren deutlich machen,
wie diskriminierend, abwertend und niederträchtig allein schon die Sprache dieser rechtsextremen Partei ist – Wie würden sie erst handeln, wenn sie Gelegenheit dazu erhielten!?
Ich bin fassungslos ob dieser Respektlosigkeit gegenüber allem, was nicht in deren Ideologie passt. Ich bin fassungslos, weil dieses Programm allem widerspricht, wofür wir uns seit
Jahrzehnten stark machen – für Gleichberechtigung, für eine starke Demokratie! Wir werden nicht zulassen, dass unsere Solidarität, unsere Toleranz, unsere Vorstellung von friedlichem und
respektvollem Zusammenleben in unserer Stadt, unser Eintreten für Vielfalt in jeglicher Hinsicht bekämpft werden!
Deshalb stehen wir heute hier und wollen ein starkes antifaschistisches Zeichen setzen gegen den Einzug rechtsextremer Parteien in unser Rathaus! Mit eurer Unterstützung! Wir sind viele,
lasst uns das Rathaus, lasst uns unsere Demokratie symbolisch mit einer Menschenkette schützen!